Hannes Ringlstetter im Interview

“Das eigene Scheitern muss im Mittelpunkt stehen”

Hannes Ringlstetter - Foto da Hog'n 03aMuss sich ein Kabarettist anhand von Preisen messen lassen? Und muss er auch zuhause der lustige Kasperl sein? – Vor seinem jüngsten Auftritt in Riedlhütte haben sich die beiden Hog’n-Redakteure Jason Ditshej und Helmut Weigerstorfer mit dem Kabarettisten, Musiker und Moderator Hannes Ringlstetter zum Kaffeekränzchen getroffen. In der Alten Schmiede wurde nicht nur über den Künstler, sondern auch über den Privatmenschen Ringlstetter geplaudert – und auch über die Waidler und die Großstädter, sein “Vereinsheim” und seine Filmfigur Yazid. Als ehemaliger Ministrant kann der 42-Jährige heute über die katholische Kirche nur den Kopf schütteln. Ebenso über Bundestagsmitglied Ernst Hinsken und die übrigen Lobbyisten sowie die “depperten Koksnasen” Rainhard Fendrich und Wolfgang Ambros.

Ringlstetter erzählt und erzählt – und vergisst dabei fast, dass die Bundesliga mit seinem geliebten Club schon begonnen hat …

Entspannte Atmosphäre in der Alten Schmiede in Riedlhütte: Hannes Ringlstetter und Hog’n-Redakteur Jason Ditshej
Entspannte Atmosphäre in der Alten Schmiede in Riedlhütte: Hannes Ringlstetter und Hog’n-Redakteur Jason Ditshej

“In der Alten Schmiede in Riedlhütte fühle ich mich am wohlsten”

Hannes, erst neulich bist Du in Freyung aufgetreten, heute spielst Du zum letzten Mal Dein aktuelles Programm “Meine Verehrung!” hier in der Alten Schmiede. Gefällt’s Dir im Woid?

Ich bin ja kein Waidler, sondern komme aus dem flachen Gäuboden. Als Kind bin ich oft mit meinen Eltern in den Bayerischen Wald gefahren, meistens in den Lamer Winkel zum Bergwandern. Dass ich heute in der Alten Schmiede bin, liegt nur an meinem Freund Till – ohne ihn würde es die Location ja gar nicht geben. Ich wollte einen schönen Abschluss meiner Tour haben – und hier fühle ich mich am wohlsten.

Sind die Waidler anders als das Publikum in der Großstadt?

Nein, überhaupt nicht. Jemand, der auf eine solche Veranstaltung geht, ist ja ein offener Typ. Der Unterschied liegt eher in den Reaktionen nach dem Auftritt: Der Waidler ist da eher robuster – der sagt halt dann emotionslos: ‘Hot scho basst.’ Er ist vielleicht auch wachsamer, weil’s hier ja nicht so ein Überangebot an kulturellen Veranstaltungen gibt wie in München. Die Waidler freuen sich vielleicht auch mehr  – und sind schon zwei Stunden vor dem eigentlichen Beginn da.

“Cooler als das glatt-gespülte Fernsehen, das keiner mehr sehen mag”

“Bei uns geht’s entspannter zu” – Ringlstetter gemeinsam mit Michael Mittermeier im “Vereinsheim”:

Mit Deinem Entdecker Till hast Du den “Blickpunkt Spot” ins Leben gerufen, der mittlerweile mit dem Titel “Vereinsheim” seinen regelmäßigen Sendetermin im Bayerischen Fernsehen hat.

Ursprünglich war das eine Idee von Tills Frau Michi. In den Jahren 2005 und 2006 haben wir dieses Format zunächst einmal pro Monat ausprobiert – nach und nach mischte es die Kleinkunstszene dann richtig auf.

Was unterscheidet das „Vereinsheim“ von den übrigen Comedy- und Kabarettsendungen?

In erster Linie ist es eine Idee des Miteinanders. Der Quatsch-Comedy-Club ist ja auch eine Mix-Show – aber mehr Stand-Up. Bei uns ist es der Versuch, alle Formen von Kleinkunst auf die Bühne zu holen. Außerdem geht’s viel entspannter zu. Nicht jede Anmoderation wird auswendig gelernt – und manchmal geht auch etwas schief. Das ist cooler als das glatt-gespülte Fernsehen, das eh viele schon nicht mehr sehen können.

“Die Leute haben sofort beschlossen, mich zu hassen”

“Preise sind nicht der Maßstab für unseren Beruf – für mich zählt nur das Publikum.”
“Preise sind nicht der Maßstab für unseren Beruf – für mich zählt nur das Publikum.”

Bei “Meine Verehrung!” geht’s darum, dass wir alle anerkannt, bewundert und verehrt werden wollen. Du hast vor ein paar Jahren den Fränkischen Kabarett-Preis gewonnen. Ist diese Form von Anerkennung für Dich wichtig?

Preise sind nicht der Maßstab für unseren Beruf – für mich zählt nur das Publikum. Wenn die Leute klatschen, hat’s ihnen wahrscheinlich gefallen. Es ist ein Zuckerl für zwischendurch, wenn Du Dir als Künstler selbst nicht mehr so sicher bist, ob das noch wirklich geil ist, was Du machst. Vielleicht hilft’s Dir dann medial. Aber im Kern ist es mir einfach wurscht. Mein Maß sind immer die Menschen: mein Drumherum, die Freunde, die Familie.

Gab es mal einen Auftritt, bei dem das Publikum Dir nicht die Ehre erwiesen hat? Bei dem es peinlich für Dich wurde?

Einen, ja: bei Mülheim-Kärlich in der Nähe von Koblenz. Zu Beginn des Auftritts habe ich gesagt, dass ich mich freue, mal in der Pfalz zu sein. Aber genau neben dem Ort verlief die Grenze zwischen dem Rheinland und der Pfalz (lacht). Und mein Arsch saß halt genau im Rheinland. Schon mit dem ersten Satz hatte ich ausgeschissen und wurde ausgepfiffen – die Leute haben sofort beschlossen, mich zu hassen. Dann habe ich versucht, mit einer Rheinländer-Nummer das Publikum wieder für mich zu gewinnen – sie haben sich damit aber erst recht verarscht gefühlt (grinst weiter). Ich bin dann noch in derselben Nacht abgereist und habe in einem Motel an der Autobahn übernachtet …

Der junge Hannes – ein Einzelgänger mit exotischen Wurzeln

Bei “Hubert & Staller” spielst Du ja den Kfz-Werkstättenbesitzer Yazid. Ist Dir diese Rolle auf den Leib zugeschnitten?

Ja, den Yazid habe ich mit dem Produzenten und Autor zusammen entwickelt. Man weiß ja wegen seines Aussehens nicht genau, woher Yazid genau kommt: Ist er ein Türke, ein Araber, ein Spanier oder ein dunkler Typ aus Niederbayern? Da entstehen Vorurteile, die aber nicht aufgelöst werden.

Exotischer Bub in einem niederbayerischen Dorf: “Ich war als Kind relativ verunsichert.”
Exotischer Bub in einem niederbayerischen Dorf: “Ich war als Kind relativ verunsichert.”

Wie war das in Deiner Kindheit und Jugend? Hattest Du Nachteile, weil Du anders ausgesehen hast?

Ich habe tatsächlich exotische Wurzeln. In den 70er Jahren gab es in einem niederbayerischen Dorf keine Ausländer – ich war der einzige, der so ausgeschaut hat. Da musst Du Dich schon früh wehren.

Bist Du in Deiner Kindheit auch schon immer der lustige Typ, der Klassenkasperl gewesen?

Ich war als Kind relativ verunsichert. Das habe ich aber durch ‘laut Auffallen’ kompensiert – in erster Linie um einfach wahrgenommen zu werden (denkt nach). Lustig war ich nicht – dazu habe ich gar keine Zeit gehabt. Ich bin musikalisch erzogen worden, habe Klavier gelernt. Ich bin zum Spielen kurz raus gegangen und dann wieder rein zum Üben. Dadurch hatte ich wenig Anschluss an die Dorfjugend – und bin auch nie ein guter Fußballer geworden (lacht). Ich war auch nicht bei der Feuerwehr. Ich war nirgends dabei – das macht dich zum Einzelgänger. Damit hatte ich aber auch kein Problem, sondern stand einfach so daneben, hatte Zeit zum Beobachten – und habe mir meinen Teil über die Bauernbuam gedacht …

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Das Interview mit Hannes Ringlstetter haben Jason Ditshej und Helmut Weigerstorfer geführt und zuerst auf der Seite da Hog’n – Onlinemagazin ausm Woid veröffentlicht. Fotos ebenfalls: da Hog’n.

Wir bedanken uns für die Erlaubnis, das Interview hier übernehmen zu dürfen und möchten Euch gleichzeitig da Hog’n bei Facebook empfehlen.

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