Sex, Drag and Rock’n’Roll

Sven Ratzke & Gerhard Winterle - Foto © Ritter von Lehenstein

Sven Ratzke bringt „Hedwig and The Angry Inch“ auf die Bühne zurück – und findet für die Glam-Rock-Show eine neue Heimat im Berliner Renaissance-Theater

von Axel Schock

BERLIN – Hedwig ist wieder da. Mit einer meterlangen weißen Schleppe und einer voluminös frisierten Blondhaarperücke entert sie mit energischem Schritt die Bühne des Renaissance-Theaters. In Gestalt von Sven Ratzke erzählt, singt – ach was – durchlebt! Hedwig für das Publikum förmlich noch einmal ihre bizarre, wilde wie tragische Geschichte.

Dass „Hedwig and the Angry Inch“ erst 2020 erstmals auf einer „klassischen“ Berliner Theaterbühne zu sehen ist, gehört zu den Mysterien, die man sich nicht so recht zu erklären vermag. Denn die Geschichte, die der Schauspieler und Filmemacher John Cameron Mitchell („Shortbus“) in seiner One-Wo/Man-Show erzählt, ist so eng mit der Stadt verbunden wie „Cabaret“ oder „Frau Luna“ und wäre eigentlich Pflichtprogramm fürs Berliner Repertoire.

Weiterlesen

Vernügungstempel und Lasterhöhle

Das Berliner Wintergarten Varieté spannt mit der neuen Show „20 20“ den Bogen von den alten zu den neuen zwanziger Jahren

von Axel Schock

BERLIN – Wie bekommt man Tiefsinn und Ernsthaftigkeit in eine Show, die ihrem vergnügungswilligen Publikum ja vor allem einen bunten Reigen artistischer Highlights und flirrendes Entertainment bieten möchte? Markus Pabst, der zusammen mit Pierre Caesar, für die neue Produktion im Berliner Wintergarten Varieté verantwortlich zeichnet, behilft sich mit Zitaten von Erich Kästner bis Kurt Tucholsky. Besser als jene warnenden, klaren Zeitanalysen und Bonmots könnte es auch ein gegenwärtiger Autor wohl kaum formulieren. Doch so uninspiriert und lehrmeisterlich, wie Pabst als Conférencier diese Texte auf der Bühne aus einem Notizbuch vorliest, bleibt das doch recht aufgesetzt.

Weiterlesen

Mit Stock und morbidem Reim rockt die Knef das Altersheim

2020-01-30 Knef - Barrierefrei - 01 Foto © Carlo Werndl von Lehenstein

Mit ihrem neuen Programm „Barrierefrei“ zelebriert Ulrich Michael Heissig alias Irmgard Knef die Last und Lust des Alterns

von Axel Schock

BERLIN – Für einen fortgeschrittenen Geburtstag fällt die Deko etwas spärlich aus. Zwischen zwei Luftballons schweben da noch, silbrig glänzend, eine aufblasbare 9 und 5. So glamourös stellt man sich dann wohl die Feierlichkeiten im Tagungsraum eines Altersheims vor. Nun ja, genaugenommen feiert Irmgard Knef ihr halbrundes Jubiläum in der Berliner Bar jeder Vernunft und zudem auch ein wenig verfrüht. Denn erst im kommenden Dezember vor 95 Jahren hat sie, so will es die Legende, mit Zwillingsschwester Hildegard in Ulm das Licht der Welt erblickt. Und während die große Schwester Weltkarriere machte, mühte sich Irmgard ihrerseits, wenn auch weniger erfolgreich, ebenfalls um Ruhm und Karriere. Seit nunmehr 20 Jahren und– je nach Zählung – in mittlerweile sieben bzw. acht Programmen und diversen Specials – spinnt ihr Schöpfer und Darsteller Ulrich Michael Heissig diese Existenz im Schatten Hildes weiter.

Weiterlesen

Der Wahn des Jahres 2019

Kabarettistischer Jahresrückblick 2019 in der Komödie im Schillertheater
von Beate Moeller

BERLIN – »The same procedure as every year« möchte man mit Miss Sophie sagen, wenn das Jahresendzeit-Team antritt, um die Quintessenz aus dem vergangenen Jahr zu ziehen. Doch was dereinst als Leseshow mit Musikbegleitung begann, hat sich im Laufe von 20 Jahren zu einem erwachsenen Theaterereignis entwickelt, das auf der Bühne des Schillertheaters so richtig zur Geltung kommt.

Hannes Heesch steigt als geistig schlichte AKK mit korallenrotem Bundeswehrbarett in die Bütt, »Die Ehe ist ein zartes Pflänzsche, doch alles hat sei Obergränzsche«. In Karnevalistenuniform stehen Horst Evers, Bov Bjerg und Manfred Maurenbrecher stramm – jedes Mal, wenns witzig sein sollte. Allerdings nur so lange, bis (Christoph Jungmann als) Angela Merkel dem Klamauk ein Ende setzt, die CDU-Vorsitzende zurückpfeift und selbst das Kommando an sich reißt. Schließlich ist die Moderation dieses kabarettistischen Jahresrückblicks traditionsgemäß doch ihr Job!

Weiterlesen

Kleine Häppchen vom großen Mythos

Die Revue „Berlin Berlin“ versucht sich am verruchten und vibrierenden Entertainment der „Goldenden 20er Jahre“

von Axel Schock

BERLIN – Wer auch immer sich den Begriff der „Goldenen Zwanziger Jahre“ einst ausgedacht hat, er oder sie war ein genialer Marketingstratege. Denn „golden“ war dieses Jahrzehnt lediglich für die Happy Few, die nicht als Arbeitslose oder verarmt ums Überleben kämpften oder menschenunwürdig in Mietskasernen mehr vegetierten, denn lebten. Die lichterglänzenden Etablissements am Tauentzien, am Potsdamer Platz oder am luxuriösen Ende der Friedrichstraße konnten sich die Durchschnittsberliner kaum leisten. Der Glamour dieser Tage aber ist längst zum märchenhaften Mythos geronnen, der nun, ein Jahrhundert später, einmal mehr fasziniert und inspiriert. Volker Kutschers Romanreihe und die Netflix-Verfilmung unter dem Titel „Babylon Berlin“ haben den sich wandelnden Geist und die widersprüchliche Gesellschaft zwischen Rausch und Verderben eindringlich erfasst und damit einen neuerlichen Hype ausgelöst.

Weiterlesen

Jazzige Pop-Chansons aus der Schweiz

Michael von der Heides neues Album „Rio Amden Amsterdam“

von Axel Schock

BERLIN – Was ist dem deutschen Publikum da in den vergangenen zwei Jahrzehnten alles schon entgangen! Aber für manchen Künstler scheinen die Alpen nur schwer zu überwinden zu sein. Wobei man Michael von der Heide wahrlich nicht vorhalten kann, er habe sich zu wenig bemüht. Zwischenzeitlich schien es nur eine Frage der Zeit, bis auch ihm hierzulande die Menschen zu Füßen liegen.

Weiterlesen

Bowie forever: Ein expressiv-exzentrisches Denkmal

Sven Ratzkes Deutschland-Premiere »Where Are We Now« in der Bar jeder Vernunft

von Axel Schock

BERLIN – Er kommt nicht von ihm los. 2015 hatte sich Sven Ratzke mit „Starman“ schon einmal mit den unendlichen Weiten von David Bowies Universum beschäftigt. Mit Zustimmung des Meisters himself hatte sich der Deutsch-Niederländer vor allem die Glamrock-Songs der Siebziger herausgegriffen und sie mit seinen irrlichternden, surrealen Geschichten kombiniert. Mit der zu Recht gefeierten Show hat Ratzke die halbe Welt bereist, und wahrscheinlich könnten er und seine Band damit auch noch heute touren.

Weiterlesen

First they take Kreuzberg, then they take Las Vegas – Premierenkritik

Kaiser & Plain: „#Besetzungscouch – die Suche nach der wahren Liege“

von Beate Moeller

BERLIN – Kennen Sie Kaiser und Plain? Halten Sie sich ran, wenn „nein“. Denn es könnte passieren, dass diese beiden Kleinkunsthuren, wie sie sich selbstironisch nennen, demnächst nicht mehr auf den Kellerbühnen des deutschen Kabaretts rumdümpeln, sondern international ganz groß rauskommen – zum Beispiel in Las Vegas.

Diese Perspektive eröffnet jedenfalls der Anruf der Agentin, der mitten in die Premiere von „#Besetzungscouch“ im Kreuzberger BKA-Theater im 5. Stock (!) platzt, Weiterlesen

Der Clip zum Sonntag: Lisa Catena – Twitterer mit Frustrationshintergrund

Aus Ihrem neuen Programm Grenzwertig

Homepage Lisa Cantena  mit allen weiteren Tourterminen

„Endlich mal wieder Jemand, der auf der Bühne auch etwas zu sagen hat!“

Empfehlungen: Schaut Euch auch den Clip über Fussball an. Und dann am

Freitag 22. Juni 18 – Hamburgpremiere im PolittbüroWorld of Friends

Hymnen für Träumer – nach 10 Jahren wieder eine CD von Rainer Bielfeldt

Rainer Bielfeldts neues Soloalbum „Die Erinnerung von Morgen“
von Axel Schock

BERLIN – Die Fans von müssen wahrlich Geduld haben. Ein Jahrzehnt haben sie auf ein neues Album des Komponisten, Songwriters und Pianisten warten müssen. Auch als 2003 „Alles nur ein Traum“ erschein, kam dies fast einem Comeback gleich. Acht Jahre und acht Programme lang war er zuvor als Bühnenpartner mit Gayle Tufts erfolgreich durch die Lande getourt. Doch erst als dieses Kapitel beendet war, fand er wieder die Zeit, um sich wieder der eigenen Chansonnierkarriere widmen und einfach nur „Sänger sein“ zu können (um einen seiner Albumtitel zu zitieren). Weiterlesen

Rabenschwarzer Humor und ein ausgeprägtes Sprachgefühl – Kritik Michael Feindler

Michael Feindler: „Artgerechte Spaltung“

von Marianne Kolarik

Er sieht in „Artgerechte Spaltung“ keinen Zusammenhang zwischen dem Kreuzchen, das er auf dem Wahlzettel hinterlassen hat und dem derzeitigen Zustand der Politik in Berlin, der 1989 in Münster geborene Kabarettist Michael Feindler. Dabei weiß er nur zu gut, dass nicht alles so ist, wie es scheint. Es sei denn, es handele sich um einen Junggesellen-Abschiedsabend. Der ist in der Regel genauso würdelos wie es scheint. Stopp. Hierhin gehört die Anmerkung, dass es sich bei Feindler um einen Gitarre spielenden Feministen handelt, der selbst am besten weiß, wie schwer es Männer haben. Und dass die Natur kein moralisches Empfinden besitzt. Weiterlesen

Heiter und unangepasst – Wenzel-CD

Neue Kinderlieder von Wenzel: „Ick sitze da und esse Klops“

von Harald Pfeifer

Bei „Matrosenblau“ ist eine CD mit Kinderliedern von Wenzel erschienen. Vor 12 Jahren gab es schon mal eine mit altbekannten, wie „Fuchs du hast die Gans gestohlen“, „Winter adé“ oder „Ich geh mit meiner Laterne“. Solche, die einfach zum Erinnern verführen.

Für die neue CD „Ick sitze da und esse Klops“ hat Wenzel 22 Lieder ausgewählt, die er in den vergangenen Jahren fürs Theater geschrieben hat. In denen ist vom Herrn Litfaß die Rede, von Katzen oder Klops, freilich wird auch von Prinzessinnen oder Weiterlesen

30. Internationale Kulturbörse Freiburg eröffnet

Jubliäumsbörse vom 21. bis zum 24. Januar 2018

von Beate Moeller

FREIBURG – Mit einer furiosen gemeinsamen Gala wurden am Sonntag in Freiburg die 30. Internationale Kulturbörse und das Freiburg Grenzenlos Festival eröffnet. Selbst drei Stunden aufregende Show können nur andeuten, wie viele Kunstarten die Wunderkiste mit der Aufschrift „Kleinkunst“ enthält. Weiterlesen