Bodo Wartke: Klaviersdelikte – Premierenkritik

Bodo Wartke - Klaviersdelikte © bodowartke.deStehende Ovationen bei der Uraufführung

BERLIN (gc) – „Probleme sind in diesem Programm das Leitmotiv“, sagt Bodo Wartke. „Probleme, die ich früher noch nicht hatte“, heißt auch das erste Lied, mit dem er das Publikum sofort für sich einnimmt. Früher sind Frauen das Leitmotiv gewesen – hat er mit diesem Thema etwa abgeschlossen? Keineswegs! Denn Frauen kommen in den „Klaviersdelikten“ reichlich vor:

Da ist Konstanze, die Tanzlehrerin aus Konstanz (!), für die Wartke atemberaubende Tanzeinlagen am Flügel einlegt, während er weiter das Instrument spielt. Oder das wunderschöne „Frühlingslied“, in dem eine rührende Liebeserklärung im Park geschildert wird. Leider ist das Schluchzen des Mannes nicht den Worten, sondern den umherfliegenden Pollen geschuldet. So brechen alte Konflikte wieder auf und diese Begegnung im Park entwickelt sich zur letzten der beiden als Liebespaar.

Die Probleme des Bodo Wartke sind vielfältig. Eines davon: moderne Architektur in Deutschland. In den ewig gleichen Glasfassaden sieht er den Sozialismus fortleben und packt seinen Frust kurzerhand in eines seiner Lieder. Dabei reimt er auf Teufel komm raus, verwortspielt heftig und findet einschmeichelnde Melodien. Hier und da gehen einzelne Zeilen im Lachen des ausverkauften Wühlmäuse-Theaters unter.

Auch in seinem vierten Programm Klaviersdelikte verbindet Wartke die Lieder mit eleganten Moderationen. Er versteht es, zwischen den Anteilen an Wort und Musik ein Gleichgewicht herzustellen: Wenn er ein Liebeslied singt, bei dem es vier unterschiedliche Enden mit unterschiedlichen Altersfreigaben gibt: für Vorschüler, für Jungen, für Mädchen und eine, die erst ab 18 Jahren zugelassen ist.

Wenn er sich lang und breit über die GEMA äußert, die manche als organisiertes Verbrechen bezeichnen. Wartke nicht, er nennt sie „unorganisiertes Verbrechen“ und ärgert sich über die Einteilung in ernste und unterhaltende Musik. Weil man nach Meinung der GEMA bei ernster Musik keinen Spaß haben darf, tritt der Künstler den Gegenbeweis an. Er zückt eine Mundharmonika und spielt die Arie des Vogelfängers aus Mozarts „Zauberflöte“ im blue-grass-Stil. Zwischendurch singt er: „Wenn ich einmal vom Leder zieh, dann stirbt das liebe Federvieh“, und „Der Rest der Vogelsippe stirbt an der Vogelgrippe.“ Begeisterte Vogelfreunde hätten an dieser Stelle den Saal verlassen, es waren aber keine da. Stattdessen tosender Beifall für diesen Wartke alter Größe.

Neue, ganz leise Töne schlägt er in „Christine“ an, einem herausragenden autobiographischen Liebeslied. Es erzählt eine Geschichte, die sich vor über 30 Jahren zugetragen hat: Wartke war drei Jahre alt, als seine Schwester im Säuglingsalter starb. Verarbeitet hat er es immer noch nicht und die ewige Melancholie hängt ihm bis heute nach. Atemlose Stille bei den fast 600 Zuschauern, vereinzelt fliegt ein Schluchzen durch den Raum. In aller Ruhe kann der letzte Ton am Flügel ausklingen, bevor sich lang anhaltender, aber gedämpfter Applaus Bahn bricht.

Dieser Abend ist große Unterhaltung, auch weil Wartke seine Rolle als kalauernder Klavier-Komiker bisweilen verlässt: Er ist reifer geworden, nachdenklicher und ab und an sozialkritsch. Das generationenübergreifende Publikum vom Oberschüler bis zum Silver Surfer bedankt sich mit stehenden Ovationen bei Bodo Wartke.

Gilles Chevalier © 2012 BonMot-Berlin

Zur Uraufführung erscheinen die CD – sein erstes Studioalbum – und das Notenbuch zum Programm ‚Klaviersdelikte‘. Zunächst sind sie ausschließlich über den Reimkulturverlag zu beziehen. Im übrigen Handel sind beide ab dem 1. März 2012 erhältlich.

Die weiteren Vorstellungen bis zum 31. Januar 2012 bei den Wühlmäusen sind restlos ausverkauft. Nach der Premiere in Berlin geht Bodo Wartke auf Tournee durch Deutschland.
Bitte informieren Sie sich unbedingt rechtzeitig im Voraus über Bodo Wartkes Auftrittstermine, wenn Sie Eintrittskarten ergattern wollen. Laut Tourplan sind dies die nächsten momentan noch nicht komplett ausverkauften Vorstellungen:

Do, 23.2.2012: Kiel, Schloß
Sa, 25.2.2012: Hildesheim, Audimax
Do, 1.3.2012: Laupheim, Schloß Großlaupheim
So, 4.3.2012: Esslingen, Neckarforum (Zusatztermin)
Do, 15.3.2012: Freiburg, Paulussaal

Den vollständigen Tourplan finden Sie hier:
www.bodowartke.de

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