Vier Männer außer Rand und Band – Kritik Tukur

Tukur u RB - Foto Katharina JohnUlrich Tukur & die Rhythmus Boys:
„Let’s Misbehave“

von Marianne Kolarik

KÖLN – Ulrich Tukur & die Rhythmus Boys hauen auf den Putz, dass es nur so kracht. Tukur erscheint ohne Beinkleider, Kalle Mews im Tutu, Ulrich Mayer im rosarot glänzenden Fummel über dem Fatsuit und Günter Märtens als langer kopfloser Lulatsch – Grusel à la Schweinchen Dick, ergänzt mit einer Prise Anarchie und der Lust, sich zum Affen zu machen.

„Let’s Misbehave“ heißt der Abend, an dem man sich so richtig schlecht benehmen darf. Herren, die Pups-Geräusche nachmachen, in der Nase popeln, mit einer Wasserpistole ins Publikum spritzen und – natürlich am allerschlimmsten – es wird geraucht. Trotz ausdrücklichen Verbots. Weiterlesen

Bissig und gut – Bernd Regenauer

Bernd Regenauer - Foto-Montage Carlo Wanka ©2011 BonMoT-Berlin Ltd

Bernd Regenauer: Alles eine Frage der Antwort – Kritik

BERLIN (bm) – Orientierungshilfe zu geben – im politischen Welt- und Nationaltheater genauso wie im überschaubaren Mikrokosmos des Alltags – ist einer der Ansprüche, die ans Kabarett gestellt werden. Bernd Regenauer macht ihn zum Thema des Abends. Kann Kabarett überhaupt Antworten geben? Oder nur die richtigen Fragen stellen? Wer war zuerst da: Das Huhn oder das Ei? Die Antwort oder die Frage?

Das Finden der objektiven Wahrheit wird gern auch mal durch die subjektive Wahrnehmung massiv behindert. Sei es dieser ständige Brummton im Ohr oder der ebenso nicht verschwinden wollende Gedanke an diesen erfolgreicheren, jüngeren Kollegen, dessen Namen man verdrängt hat und ihn deshalb nur „den Dings“ nennen kann. Und trotzdem hier zum Erkenntnisgewinn beitragen, im Theater der Wühlmäuse, in dem sich an diesem Abend ein Publikum eingefunden hatte, das Regenauers filigranen Gedanken nicht gerade mit Euphorie gefolgt ist. Kein Wunder, bei dem Tempo, das er vorgelegt hat.

Zunächst einmal muß das Vorurteil bedient werden. Der Franke ist von der Mentalität her mürrisch. Ja, Regenauer auch, demonstriert er, aber eben auch aufmüpfig. Warum müssen wir ständig erreichbar sein? „Bist du mal fünf Minuten nicht online, bist du schon raus aus dem Business-Plan.“ Lebst du nur noch in der Benutzeroberfläche deines Computers oder gibt’s da noch was Reelles? „Wir haben online so viele Freunde, daß wir für die echten ein neues Wort brauchen.“

Die Unverschämtheiten mancher Politiker und Prominenter werden vorgestellt, das gehört zum Standard des Kabaretts. Kachelmanns Rohrstock am Rande. Ausgesprochen gelungen auch diese Parodie der Körpersprache unserer Kanzlerin, die in ihrer Kürze alles verraten hat. Bernd Regenauers Stärke besteht darin, in der kleinen Welt den Störfall zu entdecken. Denn von da nimmt der Regelverstoß seinen Lauf. In der tiefsten Provinz, von Franken aus betrachtet also in der Oberpfalz, in Bayerisch Sibirien hat sich der Schwiegersohn konservativ in der Räucherkammer der Metzgerei aufgehängt und damit alle Regelvorschriften seiner Berufsehre eingehalten. Die Speisekarten bleiben am Tisch kleben, die Herrentoiletten strahlen dieses intensive Aroma ab und der fränkische Tourist Regenauer fragt erneut, diesmal die Kellnerin: „Wo steckt eigentlich der Sinn im Leben?“

Gleichzeitig haben sich die Investoren Bauland in der Oberpfalz gesichert und jubilieren schon „Wir wollen den Rasen hier verglasen!“ Mit hübscher Klavierbegleitung von Herrn Regenauer, der auch noch parodiert, wie seine Beifahrerin ihn beim Autofahren stört. „Männer und Frauen haben unterschiedliche Gemeinsamkeiten!“ Bei der Darstellung der absurden Szenen im Mediamarkt und an der Supermarktkasse zeigt er seine schauspielerischen Qualitäten, indem er mehrere Personen spielt.

Antworten gibt es nicht. Nur Fragen. Bernd Regenauer beendet sein Programm mit einem Lied, das nur Fragen aufwirft, mit seiner Version von ‚Blowing In The Wind‘. Als markante Textzeile bleibt bedeutungsschwer in Erinnerung: „Wann kommt endlich Gott aus dem Urlaub zurück?“- Wieder so eine Frage ohne Antwort.

Von seiner langjährigen und ausgesprochen erfolgreichen Bühnenfigur Nützel hat er sich selbstbewußt verabschiedet. In ‚Alles eine Frage der Antwort‘ steht Regenauer nun ganz pur als Regenauer auf der Bühne. Aufrichtige und deshalb so glaubwürdige Empörung. Davon wollen wir in Zukunft noch viel, viel mehr sehen!

Beate Moeller © 2011 BonMoT-Berlin Ltd.

Fr, 15. April 2011: Postbauer-Heng, Deutschordensschloss
Di + Mi, 17. + 18. Mai 2011: Fürth, Stadttheater
Fr, 3. Juni 2011: Erlangen, Theater fifty fifty

www.regenauer.de