Alfons: Die Rückkehr der Kampfgiraffen – Kritik
BERLIN (gc) – Das Markenzeichen steht schon auf der Bühne. Vor einer großen Leinwand lehnt an einem Stehtisch Alfons‘ Puschelmikrofon. Dann kommt er, der Künstler, schlurfend, mit Trainingsjacke und einer Art Hose bekleidet, mit der er in jedem Berliner Problemkiez untertauchen könnte. Er wirkt etwas unbeholfen, radebricht mit deutlich französischem Akzent und macht politisches Kabarett. Erklärt die Haltung der Franzosen zur Kernkraft. Dort wäre ein Ausschalten der Anlagen gar nicht möglich, weil der große und gleichzeitig körperlich kleine Präsident „Sarkozy gar nicht an den Schalter herankommt.“
Er jongliert mit den Frankreich-Klischees Rotwein, Baguette und Käse. Betrachtet aber auch Deutschland, wo die CSU zur „Copy Shop Union“ mutiert ist und selbst die Doktorarbeit des Freiherrn zu Guttenberg adlig geworden ist: die sei schließlich „von anderen“. Reizvoll und durchaus intelligent, dieser Blick aus dem westlichen Nachbarland auf Frauenquote, Libyen(ent)haltung und Westerwelle. Es ist ein schnelles Programm, das Alfons im ausverkauften Haus der Berliner Wühlmäuse spielt. In der ‚Rückkehr der Kampfgiraffen‘ wechseln sich sprachliche, musikalische und Videobeiträge ab. Denn so ganz ohne seine Umfragen für das Fernsehen kommt Alfons nicht aus. Die merkwürdigsten Fragen und Antworten werden immer mal wieder auf die Leinwand projiziert.
Bei einer dieser Umfragen hat er Heinz kennengelernt. Heinz ist trotz seiner neunzig Lebensjahre klar im Kopf und lebt mit seiner Frau in einem Hamburger Altersheim. Vor fünfzig Jahren hat er seine Heimatstadt Berlin verlassen und eigentlich auch keine Sehnsucht mehr nach ihr. Außer vielleicht – ja, seine Grundschule, in die er 1922 eingeschult wurde, die möchte er gerne wiedersehen. Heinz, der im wahrsten Sinne des Wortes die Großelterngeneration repräsentiert, wird wichtig für den Abend. Denn er bekommt ein eigenes musikalisches Thema.
Natalie, Alfons‘ musikalische Partnerin, nimmt den Walzer immer wieder am Flügel auf, wenn die Rede auf ihn kommt. Alfons fühlt sich Heinz so verbunden, dass er für ihn die Reise nach Berlin organisiert und sich mit ihm zusammen auf den Weg macht. Alles hübsch dokumentiert und auf die Leinwand projiziert. Es rührt mächtig, wie der alte Herr vor seiner alten Schule steht und sich nicht hinein traut. Ein Empfangskomitee aus Schülern und Lehrern steht bereit und ermöglicht es Heinz, mit seinem eigenen Schulwissen zu brillieren.
Das geht manchmal hart an die Kitschgrenze und hat ab und zu den leichten Geschmack des Vorgeführtwerdens von Heinz. Erstaunlich, wie gut es Alfons gelingt, politisches Kabarett und eine herzergreifende Geschichte zu vereinen. Dieser Multimediaabend mit tagesaktuellen Einsprengseln und vielen kurzen musikalischen Zäsuren bleibt angenehm im Gedächtnis.
Gilles Chevalier © 2011 BonMot-Berlin Ltd.
nächste Termine:
Do, 31. März 2011: Frankfurt, Kabarett Die KÄS
Fr, 8. April 2011: Ratzeburg, Burgtheater
Fr, 15. April 2011: Stuttgart, Theaterhaus